Nürnberg
Geschichte



Meistersinger & Pegnitzschläger
"Wenn du dann noch den musikalischen Wettstreit am St. Katharinen-Tag hörtest, dann könntest du dich in der Tat nur wundern, so viele Sänger und so harmonische Stimmen beisammen zu finden. Da werden nämlich drei Messen von den Leitern dreier Schulen vor gelehrten Schiedsrichtern vorgetragen, die im Kreise dabeistehen. Darin ist sogar noch nicht einmal Antwerpen noch eine andere Stadt Deutschlands dieser unserer Stadt überlegen".

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Diese Bemerkung steht in der 1512 erschienenen "Brevis Germaniae descripto", dem ersten geographischen Schulbuch über Deutschland, in einem Kapitel über die Stadt Nürnberg. Sachlich macht das Absätzchen dort nicht viel Aufsehen, im Gegenteil, alles, was der Verfasser dieser Schrift, der Nürnberger Humanist Johannes Cochlaeus, sonst über seine Vaterstadt zu berichten weiß, über Handel, Verwaltung, soziale Einrichtungen, über Gelehrte, Maler, Kunsthandwerk, über Bauwerke und Plätze, hat zweifelsohne größeres Gewicht. Freunden freilich und Liebhabern der Nürnberger Vergangenheit muss man das Recht zugestehen, ein bisschen zwischen den Zeilen zu lesen, denn für sie hat in dem kurzen Bericht vom Wettsingen der Schulen die ganze unverwechselbare Eigenart Nürnberger Kunstpraxis Ausdruck gefunden.

Das Bild, das Cochlaeus hier beschreibt, ist in leicht abgewandelter Form im Nürnberg des 16. und 17. Jahrhunderts immer wieder anzutreffen. Kunstübung als bürgerliches Gemeinschaftserlebnis, Kunstübung als Wettbewerb, Kunstübung als Ausdruck urbanen Persönlichkeitsstrebens: Unter diesen Gesichtspunkten erscheinen die beiden großen Dichter der Stadt, Hans Sachs und Georg Philipp Harsdörffer, und die beiden entscheidenden literarischen Ereignisse, Meistersinger und Pegnesischer Blumenorden, überraschend eng verwandt. Für zwei Jahrhunderte galt in Nürnberg die Dichtkunst als eine bürgerliche Tugend - in deutschen Landen eine Besonderheit! 1513, während Dürer daheim seine drei großen Kupferstiche "Ritter, Tod und Teufel", "Hieronymus im Gehäuse" und "Melancolia" schuf, erlebte der neunzehnjährige Hans Sachs auf seiner Gesellenwanderung im fernen Wels an der Traun seine Berufung zum Dichter. Die Art, auf die dies vor sich ging, verrät, dass Sachs die Lateinschule besucht, viel gelesen und auch etwas vom humanistischen Geist der Zeit in sich eingesogen hatte. An einem lieblichen Ort nämlich, wo eine Quelle rauschte und die Vögel sangen - der Lateiner kennt ihn unter dem Namen "locus amoenus" - schlief er eines Tages ein, um, wie es eben gute lateinische Tradition war, in einem Traum den neun Musen zu begegnen.

Hier allerdings nimmt die humanistische Angelegenheit plötzlich eine handwerkliche Wendung, denn die Damen setzten ihm weder den Lorbeerkranz auf, noch drückten sie ihm die Leier in die Hand - sie schickten ihn geradewegs in die Singschule nach Nürnberg, mit der Anweisung, er möge es dem Hans Folz, jenem Bader aus Worms, der um 1480 den Nürnberger Meistersang zu Ehren gebracht hatte, gleichtun:

"O Jünglich, dein Dienst sei, dass dich auf deutsch Poeterei ergebst dein Leben lang, nämlich auf Meistersang".

Die Auswirkungen dieses Traums sind bekannt. Hans Sachs kehrte zurück und machte innerhalb weniger Jahre die Meistersingschule seiner Heimatstadt zur bedeutendsten in ganz Deutschland. Bis zur Jahrhundertmitte wuchs die Zahl der Mitglieder auf nicht weniger als zweihundertfünfzig an. Bedenkt man außerdem, dass allein Sachs, dem es allerdings an poetischer Fruchtbarkeit nicht fehlte, 4275 Meisterlieder geschrieben hat, so ergeben sich für die literarische Potenz des Nürnberger Handwerks dieser Zeit erstaunliche Aspekte. In den großen Feiertagen stellten sich die Meistersinger mit einer "öffentlichen Singschul", bestehend aus Haupt- und Preissingen, dem Publikum vor. In einem besonderen Raum der Lorenzkirche, der sogenannten "Poetenschul", oder in der kleineren Katharinenkirche war dann der Singstuhl aufgebaut - eine Art Kanzel, von der herab der Meister seinen "Ton" vortrug. Nicht weit davon, hinter einem zeltartigen, mit Tüchern verhängten Gerüst, den Augen der Zuschauer entzogen, amtierten die vier "Merker", Virtuosen einer hochentwickelten mechanischen Literaturkritik. Sie sollten bei ihrer diffizilen Arbeit ungestört sein, aber auch ihrerseits den Meistersinger nicht ablenken.

Einer der vier prüfte das geistliche Thema auf biblische Authentizität, einer zählte Silben, einer verglich die Endreime und einer beurteilte den musikalischen Vortrag: etwa, ob einer der Singer "Stutz" machte, d.h. in seinem Gesang stockte. Der Singer
hatte ja die verzwickte Aufgabe, ein vorgegebenes Strophenschema, den "Ton", wie ihn etwa der Erzvater der Meistersinger, Frauenlob, geprägt hatte, mit neuem Text genau zu füllen.

Nur den anerkanntesten unter den Meistern war es vergönnt, mit einem selbsterfundenen Ton zu glänzen. Sachs hat es immerhin auf sechzehn solcher eigenen "Töne" oder "Weisen" gebracht, darunter einen "Rosen-Ton", eine "Hohe- Berg-Weise" und einen "Überlagen-Ton". An die "Singschul" schloss sich stets ein "Zechsingen" mit freieren Gesangsformen an. Man setzte sich zum geselligen Umtrunk, ließ die großen Gegenstände aus Bibel und Geschichte und wandte sich dem leichteren Genre zu. Ihm, der Knittelverskunst der Fastnachtsspiele, Schwänke, Fabeln, Dialoge und Sprüche, verdankt Hans Sachs seine eigentliche Berühmtheit. Er konnte hier viel besser als im strengen Meisterlied seine unter Handwerkern ungewöhnliche Bildung, insbesondere seine Kenntnis der Historie und der Unterhaltungsliteratur, poetisch ausnützen. Sachs bot in einer Unzahl von Dichtungen Stoffe aus dem "Decamerone", aus Homer, Apuleius, Herodot, aus Aesop, Petrarca und den deutschen Volksbüchern; daneben diskutierte er mit mutigem Engagement die wichtigsten politischen und sozialen Probleme der Zeit. Neben einer extrem auf Form bedachten Kunstübung stand also eine extrem auf den Stoff ausgerichtete, doch waren beide gleichermaßen Ausdruck eines fast schon exklusiven Standesbewusstseins.

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