Berlin: In 100 Jahren von der europäischen Industriestadt zum pulsierenden Trendzentrum Europas
Von Spreechicago zur modernen Metropolis

Trendzentrum Berlin In seiner rund 800 Jahre alten Geschichte hat Berlin viele grundlegende Veränderungen erlebt, die das Gesicht der Stadt geprägt haben – und es noch heute tun. Eine besonders prosperierende Epoche erlebte die Stadt um 1920. Damals wurde die Stadt „Groß-Berlin“ mit insgesamt 20 Bezirken gegründet und Berlin galt als größte europäische Industriestadt. 100 Jahre später erleben Berliner*innen und Besucher*innen der Stadt die Denkmäler der Industriekultur in neuem Gewand. Eine faszinierende Zeitreise, die spannende (Stadt-)Geschichten erzählt und so manche Überraschung bereithält.

Von „Spreechicago zur modernen Metropolis“- Industriekultur damals

Um 1900 war Berlin vorübergehend die größte Metropole auf dem europäischen Kontinent. Hier wurde internationale Wirtschafts-, Technik- und Architekturgeschichte geschrieben. Stadtplaner aus aller Welt reisten nach „Spreechicago“, um Anregungen zu Themen wie Infrastruktur und Verkehrssystem in einer rapide wachsenden Großstadt zu bekommen. Die rasante Entwicklung führte 1920 schließlich zur Gründung von „Groß Berlin“. Unter dieser Bezeichnung wurden etliche selbstständige Städte, Gemeinden und Gutsbezirke zu dem Berlin eingemeindet, das wir heute kennen. Die faktisch bereits bestehende Großstadt Berlin mit ihren nun 20 Bezirken wurde damit zur drittgrößten Kommune der Welt, nach New York und London. Und darüber hinaus zur größten europäischen Industriestadt. Doch in Berlin wurde nicht nur produziert – die Stadt war Zentrum für Forschung und Entwicklung und diente gleichzeitig als „Experimentierfeld“ für neue Technologien. Strom-, Wasser- und Verkehrssysteme hatten eine weltweite Vorbildfunktion. Arbeitsmigration, Technologie- und Wissenstransfer waren gleichermaßen Voraussetzung und Bestandteil dieser Entwicklung. Von den Anfängen der industriellen Revolution in Preußen bis zum Niedergang der „Elektropolis“ nach dem Zweiten Weltkrieg war Berlin mehr als jede andere europäische Hauptstadt von den technischen und industriellen Entwicklungen bestimmt.

Neues Leben in alten Gemäuern

Bis heute versprühen die ehemaligen Fabriken, Gewerbehöfe und Industrieareale aus der Zeit um 1920 ihren ganz besonderen Charme und prägen damit das Bild der Stadt. Das Besondere: Viele der imposanten Bauten sind in den vergangenen Jahren zu neuem Leben erwacht. Denn wo früher geschweißt und geschraubt wurde, haben sich junge Start-Ups, Künstlerateliers, Theater und Showrooms niedergelassen. Die multikulturelle Kreativszene hat die stillgelegten Flächen für sich entdeckt und mit innovativen Konzepten belebt. Altes bekommt damit einen neuen Sinn. Imposante Beispiele für neue Nutzungskonzepte sind beispielsweise die Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg, die heute neben angesagten Clubs auch ein Theater und ein Kino beherbergt und mit ihren verschiedenen Gebäudeteilen beliebter Anlaufpunkt für kulturelle Veranstaltungen jeder Art ist. Ebenso kreativ geht es in Neukölln auf dem Gelände der stillgelegten Kindl-Brauerei zu, wo heute zeitgenössische Kunst ausgestellt wird. Und auch dem alten Umspannwerk in Kreuzberg am Landwehrkanal wurde ein Jahrhundert nach seiner Erbauung neues Leben eingehaucht: Anstelle von Elektrizität wird hier inzwischen Kulinarik auf höchstem Niveau produziert. Passender Name des mit 17 Punkten im Gourmetführer Gault&Millau ausgezeichneten Restaurants: VOLT.

Diese und viele weitere Orte zeigen, wie präsent die Industriekultur der 20er Jahre bis heute in der Stadt ist. Berliner*innen und Besucher*innen können im Rahmen verschiedener Führungen und Touren auf Zeitreise gehen und dabei spannende (Stadt-)Geschichten hautnah erleben. Für Aktive bietet sich dafür eine Fahrradtour an, die entlang alter Umspannwerke, Fabriken und Brauereien führt und darüber aufklärt, warum in der Zeit der Industrialisierung so viele Brauereien in Berlin eröffnet wurden. Nicht minder spannend ist ein Besuch des ehemaligen AEG-Werksgeländes in Schöneweide, eines der bedeutendsten Denkmale der Berliner Industriekultur. Im historischen Transformatorenwerk befindet sich heute der Industriesalon Schöneweide – eine Präsentation historischer technischer Geräte und Fotografien. Im ebenfalls dort angesessenen Besucherzentrum für Industriekultur erhalten Besucher*innen Einblicke in eine längst vergangene Epoche und erfahren bei einer geführten Tour, wie Vergangenheit und Gegenwart hier auf beeindruckende Weise miteinander verknüpft werden. Wer den Adrenalinkick sucht, sollte die Besteigung des Gasometers in Schöneberg in Betracht ziehen. Die im Jahr 1913 erbaute und seit 1994 unter Denkmalschutz stehende Stahlkonstruktion, speicherte in früheren Zeiten bis zu 160.000 m³ Gas, das für den Haushaltsgebrauch und die Straßenbeleuchtung genutzt wurde. Wer schwindelfrei ist, ist hier allerdings klar im Vorteil. Denn nach 420 Stufen befindet man sich in 78 Metern Höhe, wird aber mit einem wunderbaren Ausblick über die Stadt belohnt.

Neben zahlreichen Touren, die teilweise auf eigene Faust, aber auch geführt unternommen werden können, laden allerhand Veranstaltungen und Ausstellungen dazu ein, mehr über das Thema “Industriekultur – damals und heute“ zu erfahren. Bis Januar 2021 kann beispielsweise die Ausstellung “Chaos & Aufbruch Berlin 1920|2020“ im Märkischen Museum besucht werden, die an die Entstehung Groß-Berlins vor 100 Jahren erinnert. Beim “Tag des offenen Denkmals“ am 13. September 2020 erfahren Interessierte außerdem Wissenswertes zum Thema Industriekultur. Der Tag findet in diesem Jahr digital statt.

Weiterführende Informationen
Viele Informationen zum Thema Industriekultur und Führungen sind auf der Website www.visitBerlin.de/de/berliner-moderne zu finden sowie auf der Homepage des Berliner Zentrums für Industriekultur industriekultur.berlin/de.

Ehemalige Industrieorte mit kulturellem Angebot:

www.kulturbrauerei.de

www.kindl-berlin.de/

Restaurants im Industrie-Charme:

Restaurant Volt im ehemaligen Umspannwerk restaurant-volt.de/

Restaurant eins44 im Hinterhof einer ehemaligen Berliner Destillerie www.eins44.com/#restaurant

Touren und Führungen:

Warmes Licht und kühles Bier – Berliner Radroute der Industriekultur: www.komoot.de/tour/102567964

Grand Tour der Berliner Moderne: www.visitBerlin.de/de/grand-tour-der-berliner-moderne

Gasometer Tour: www.visitBerlin.de/de/event/gasometer-tour

Mehr Informationen zum Kunstquartier Oberschöneweide: www.schoeneweide.com/neues-kunstquartier-in-berlin-schoeneweide/

Ausstellungen und Veranstaltungen:

“Chaos & Aufbruch Berlin 1920|2020“, die bis 10. Januar 2021 im Märkischen Museum:

www.stadtmuseum.de/aktuelles/chaos-aufbruch-berlin-19202020

“Tag des offenen Denkmals“ am 13. September 2020: www.tag-des-offenen-denkmals.de/